Gewisse Volksvertreter machen mal wieder fein artig Klientelpolitik. Bundesrat und Parlament helfen traurigerweise auch noch mit, indem die Konzernverantwortungsinitiative zur Ablehnung und der zahnlose Gegenvorschlag zur Annahme empfohlen wird. Pfui, ganz fescht pfui!
Wie oft hatten wir das schon? Sogenannt bürgerliche Parteien wollen für die Wirtschaft in die Bresche springen und dadurch, so die Behauptung, zu Gunsten des Volkes Arbeitsplätze und Wohlstand sichern. Nachgerade existenzielle Gefahr drohe von linken Umverteilern, grünen Ökofaschisten und sonstigen zwanghaften Gutmenschen. Aktuell geht es um die Konzernverantwortungsinitiative (KVI).
Die KVI will, verkürzt dargestellt, Unternehmen mit Hauptsitz in der Schweiz dazu verpflichten, auch im Ausland international anerkannte Menschenrechte und Umweltstandards zu respektieren. Dies soll durch angemessene, obligatorische Sorgfaltsprüfungen gewährleistet werden: Unternehmen müssen für ihre Tätigkeiten die tatsächlichen oder potenziellen Auswirkungen auf Menschenrechte und Umwelt ermitteln und geeignete Massnahmen zur Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen oder Umweltschäden treffen. Darüber hinaus besteht eine diesbezügliche Rechenschaftspflicht und nicht zuletzt eine Haftung für Schäden, die durch Missachtung der Sorgfaltspflichten entstanden sind.
Die KVI strebt wie jede Initiative eine Änderung der Bundesverfassung an, die im Falle der Annahme anschliessend vom Parlament mit einem Gesetz konkretisiert und operationalisiert werden muss. Einem Parlament nota bene, das zu einem Drittel aus Links- und zu zwei Dritteln aus Mitte- bis Rechtsparteien besteht. Gegen das Gesetz ist hernach das fakultative Referendum ergreifbar.
Gegner der Initiative machen Stimmung mit allerlei irreführendem und teils auch falschem Unfug. Am Ende des Tages geht's aber bloss darum: Mit einer Annahme der KVI wäre es für global agierende Unternehmen nicht mehr ganz so einfach wie heute, Menschen auszunutzen und die Umwelt zu schänden. Da solcherlei Regulierungen Aufwand verursachen und auf die Rentabilität drücken, passt die KVI den Unternehmen nicht in den Kram, denn im Kapitalismus haben profitstrebende Unternehmen genau ein Ziel: Den "return on investment" maximieren. Moral interessiert dabei höchstens dann, wenn sie auch Niederschlag in Gesetzen gefunden hat und mithin für die Unternehmen verpflichtend ist.
Unter dem Strich muss man sich also fragen: Möchte ich damit leben, dass die Unternehmen, deren Produkte und Dienstleistungen ich konsumiere, auch weiterhin im Ausland mehr oder weniger straffrei Menschenrechte verletzen und die Umwelt schädigen dürfen? Oder bin ich bereit, schlimmstenfalls auf ein My materiellen Wohlstands zu verzichten, damit die Welt ein etwas besserer Ort wird?
Wer mit Herz und Verstand denkt, muss die Konzernverantwortungsinitiative annehmen. Wer nur mit seinem Bankkonto denkt, hat sich aus der Gesellschaft sozialer, moralischer Wesen verabschiedet.
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