Da es beim Verhüllungsverbot nicht nur um den Nikab geht, doch auch noch ein paar Sätze zu den Demonstranten und Chaoten, die ihr Gesicht verbergen wollen. Wenn ich mich doch für eine gute Sache einsetzen will, dann habe ich kein Problem damit mich zu zeigen und zu meiner Identität zu stehen, oder? Wenn aber jemand kriminell motiviert ist, dann macht es Sinn, dass er sein Gesicht verhüllen will. Nun zum anderen noch stärker polarisierenden Thema.
Bild: Pixabay.com (travelphotographer)
Die Gegner benutzen vor allem diese zwei Wörter: Religionsfreiheit und "freiwillig". Wer für das Verhüllungsverbot ist, muss sich anhören lassen, dass er rassistisch, undifferenziert und dümmlich ist, weil er auf die Manipulation der SVP hineingefallen ist. Dem möchte ich gerne eine fundierte Analyse einer Akademikerin entgegenbringen, welche als Psychotherapeutin im Alltag mit Flüchtlingen und Opfern von Gewalt zu tun hat. Der Niqab ist traditionell vor allem auf der Arabischen Halbinsel verbreitet. In Saudi-Arabien und im Jemen sowie im Iran. Auch in Teilen Indiens hat es Frauen, die den Niqab tragen. In allen Ländern bin ich selber gewesen.
Die Gegner des Verhüllungsverbots argumentieren, dass es in der Schweiz nur an die 30 bis 40 Frauen hat, die den Niqab freiwillig tragen. Wenn ich etwas auf meinen Reisen begriffen habe war es, dass man nie eine solche Frau direkt ansprechen geschweige solch kritische Fragen stellen darf. In der Regel laufen diese Frauen immer ein paar Meter hinter dem Mann, das Wort wird immer von Mann zu Mann gerichtet und meistens sind diese Frauen eh nur zu Hause und dürfen schon gar nicht alleine auf die Strasse gehen. Das ist besonders nennenswert, da Frauen in der emiratischen Öffentlichkeit nicht nur tief verschleiert auftreten, sondern auch unter anderem auf Grund der enormen Hitze kaum außerhalb der Gebäude zu sehen sind.
Deswegen bezweifle ich es schwer, dass irgendein Gegner oder eine Gegnerin wirklich mit so einer Frau direkt gesprochen und sie gefragt hat, ob sie den Niqab freiwillig trägt. Und ich rede hier nicht von den Konvertierten, denn diese sind für mich psychisch sehr auffällig – das würde gerade noch weitere 10 Seiten füllen. Gerne ein anderes Mal.
Ob Frauen einen Niqab tragen, hängt unter anderem von der jeweiligen Auslegung des islamischen Begriffs der Aura (deutsch: Scham) ab. Ein unter islamischen Rechtsgelehrten weitgehend anerkannter Idschmāʿ besagt, dass das Tragen eines Niqabs nicht verpflichtend, jedoch lohnend sei. Gerne zitiere ich ein paar Zeilen aus dem Koran, Sure 33, Vers 59:
Prophet! Sag deinen Gattinnen und Töchtern und den Frauen der Gläubigen, sie sollen (wenn sie austreten) sich etwas von ihrem Gewand (über den Kopf) herunterziehen. So ist es am ehesten gewährleistet, dass sie (als ehrbare Frauen) erkannt und daraufhin nicht belästigt werden. Gott aber ist barmherzig und bereit zu vergeben.
Aus meiner Sicht gibt es keine religiöse Rechtfertigung, sich gegenüber anderen Menschen ständig zu verhüllen. Die Regel galt nach seiner Aussage ursprünglich nur für die Frauen des Propheten. Interessant ist zudem, dass hier das Wort Scham verwendet wird. Die Frauen müssen sich also ihres Geschlechts, ihres Körpers und ihrer Sexualität schämen – und sollen bitte ja nicht die Männer provozieren….ok, lassen wir das BITTE weg, denn hier geht es eben nicht um eine Bitte und mit Freiwilligkeit hat es auch nichts zu tun. Aber mehr dazu weiter unten.
Am 26. November 2015 entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), dass das Tragen eines Niqabs oder Kopftuches nicht zu den Menschenrechten gehöre. Wer für den französischen Staat arbeite, dürfe sich nicht verschleiern. Waren wohl alles einfach rechtsradikale Rassisten… In Tunesien ist das Tragen der Niqab im öffentlichen Raum offiziell nicht zulässig und wird unregelmäßig polizeilich verfolgt. Mhhh, wieder alles nur Rassisten? Oder hat die Burka eventuell doch nichts mit Religion und Freiheit zu tun? Könnte sie eventuell doch Ausdruck von Frauenverachtung und Unterdrückung sein?
Die komplette Verschleierung des Frauenkörpers ist ein in muslimischen Ländern mit brutaler Gewalt durchgesetzter Zwang, eine soziale Norm zum Gefallen der Männer, die Frauen auf diese Weise aus dem öffentlichen Leben ausschließen. Die Frauen sind zwar vorhanden, aber als Personen nicht präsent. Sie werden entwürdigt, entmenschlicht und verlieren ihr Gesicht. Sie können unter der Burka mit niemandem ohne Mühe sprechen, können nicht trinken und nicht essen. Dass eine Frau mit Burka es schwer habe, sich zu integrieren, wie die Bundeskanzlerin sagte, ist eine bittere Untertreibung. Vollverschleierte Frauen sind Insassen eines Textilgefängnisses, in das Männer sie für den Hofgang in der Öffentlichkeit gesteckt haben.
Oder stellen wir uns doch mal eine andere Frage: Wenn Frauen dies freiwillig machen würden, wären dann die Niqabs nicht etwas individueller gestaltet, mit unterschiedlichen Farben, Rüschchen, Perlen etc. – nein, sie ist pechschwarz und für alle gleich.
Wer in diesem Zusammenhang von persönlicher Freiheit und von Religionsfreiheit spricht, verkennt die Realitäten und begeht einen Kategorienfehler mit verhängnisvollen Folgen. Denn wenn die Burka vom Staat und vor den Gerichten als Gebot der Religion anerkannt wird, oder zumindest als mögliches Gebot – das nur von wenigen, radikalen muslimischen Gelehrten vertreten wird –, und wenn dieses von der in vielerlei Hinsicht überbetonten Religionsfreiheit erfasst wird, ist dagegen nur mit größten Verrenkungen noch etwas zu machen.
Ein paar Gespräche mit Musliminnen, vor allem solchen aus Ländern, in denen der Burka-Zwang mit Säureattentaten auf Frauen, die ihr Gesicht zeigen wollen, durchgesetzt wird, würde für die empirische Basis der Einsicht sorgen, dass es Unsinn ist, zu denken, jemand unterziehe sich freiwillig der Textil-Tortur. Irritierend ist der Blick der westlichen, vermeintlich liberalen Burka-Freunde auf muslimische Frauen ohnehin: als handele es sich bei ihnen um Aliens, welche Sinnen und Trachten, Wünsche und Bedürfnisse und Empfindungen, die allen Menschen gemeinsam sind, nicht teilten.
Deshalb wird in der Debatte schon die Grundfrage falsch gestellt. Es geht nicht darum, ob wir die Burka verbieten können. Wenn wir wollen, können wir. Wir müssen damit beginnen, die Grundfrage anders zu formulieren:
Dürfen wir zulassen, dass Frauen ein Sack über den Kopf geworfen wird und sie von ihrer Umwelt abgegrenzt und aus dem menschlichen und gesellschaftlichen Miteinander gerissen werden?
An diesem Punkt muss man nicht mit Sicherheitserwägungen kommen, sondern könnte die Fürsorgepflichten des Staates ins Feld führen: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Die Würde der Frau ist unantastbar. Und für all die Männer, die Frauen partout nicht als Frauen sehen und wahrnehmen wollen, gäbe es eine praktische Lösung: Es wird Zeit für den Burko. Es muss ja keine Ganzkörperverhüllung sein. Eine Augenbinde reicht. Denn ich glaube hier liegt das wahre Problem!
Schauen wir uns doch bitte einmal dieses Bild an:
Seit es Muslime gibt ist es üblich, dass Männer und Frauen in den Moscheen getrennt beten, um sich nicht gegenseitig abzulenken. Vorn standen schon immer die Männer, dazwischen gab es etwas Platz, den die Kinder häufig zum Spielen genutzt haben und dahinter beteten die Frauen. So hat auch der Prophet Mohammed gebetet, der für die Muslime ein großes Vorbild ist. Man könnte jetzt argumentieren, dass die Kirche auch frauenfeindlich ist, der Buddhismus auch etc. – würde wieder zu weiteren 10 Seiten führen.
Aber trotzdem: die muslimische Religion scheint eher etwas Männersache zu sein. Auch die Teehäuser in den arabischen, orientalischen und nordafrikanischen Ländern sind reine Männerorte – als Frau hast Du dort rein gar nichts zu suchen! Vielleicht bräuchten diese Männer einfach eine Burko, oder etwa nicht?! Es wäre doch sehr interessant eine empirische Studie durchzuführen und zu erfragen, wer sich denn genau von wem abgelenkt fühlt!
Weiter geht’s zum Thema Frauenbild und Freiwilligkeit. Frauen in Saudi-Arabien sind einem strengen Vormundschaftssystem unterworfen:
Frauen dürfen nicht ohne die Zustimmung des männlichen Vormundes heiraten. Auch dürfen sie nicht ihre Zustimmung zur Vermählung ihrer Kinder geben.
Frauen dürfen nicht ihre eigene Meinung äußern. Vor allem, wenn sie den Vorstellungen des Herrscherhauses nicht entsprechen. Immer wieder werden Saudische „Feministinnen“, die das System kritisieren, eingesperrt oder sie verschwinden.
Frauen dürfen nicht mit Männern zusammen studieren. Der Unterricht und die Vorlesungen finden getrennt statt. Die Geschlechtertrennung bleibt da bestehen.
Frauen dürfen nicht ohne männlichen Vormund vor Gericht erscheinen oder ohne dessen Zustimmung aus dem Gefängnis entlassen werden.
Frauen dürfen seit 2018 Auto fahren. Saudi-Arabien ist das einzige Land, in dem es ein Frauenfahrverbot gab. Wer dennoch fuhr, wurde eingesperrt.
Frauen haben nur sehr eingeschränkt Auswahl bei der Berufswahl. Auch hier ist die ausdrückliche Zustimmung eines "Beschützers", Mahram genannt, nötig.
Strikte Geschlechtertrennung: Einkaufen oder Restaurantbesuche mit Männern, die nicht zu ihrer Familie gehören, sind strengstens untersagt.
Geld: Sowohl beim Erbe als auch beim Arbeitsgehalt bekommen Frauen sehr viel weniger Geld als Männer.
In Saudi-Arabien gilt darüber hinaus das strenge Strafrecht Scharia, das unter anderem Prügelstrafen und Verstümmelungen bei Gesetzesbrüchen vorsieht. Ich zitiere:
Vormund: Bei der Eheschliessung wird der Frau mancherorts ein männlicher Vormund (wali, meistens der Vater) zur Seite gestellt, der seine Zustimmung zur Heirat geben muss. Kommt es zu einem Konflikt zwischen Vormund und Braut, kann nur ein Richter entgegen dem Entscheid des Vormunds die Erlaubnis zur Ehe geben.
Mindestalter: Die Heiratsfähigkeit wird im klassisch-islamischen Recht mit der Pubertät erreicht. Allerdings gibt es je nach Rechtsschule verschiedene Ansichten darüber, wann dieses Alter erreicht ist. Das positive Recht kann ein höheres Alter vorsehen. Die Altersschranken vor allem für Mädchen bleiben in vielen islamischen Staaten jedoch tief (vgl. Kinderrechte im islamischen Recht). Auch wenn das positive Recht ein höheres Heiratsalter vorsieht, bleibt eine Ehe, die bereits zuvor nach islamischem Recht geschlossen wurde, oftmals gültig. Somit bleiben Kinderehen weiterhin möglich.
Ein Mann hat nach dem Koran das Recht, vier Frauen zu heiraten, wenn er fähig ist, sie gleich zu behandeln.
Die umstrittene und viel diskutierte Sure 4:34 des Korans sieht ein Züchtigungsrecht des Ehemannes vor, das er kraft seiner Autorität gegenüber seiner Ehefrau im Falle von Ungehorsam habe. Entsprechend hat die Ehefrau dem Ehemann gegenüber die Pflicht zum Gehorsam. Eine Frau darf sich dagegen nur in bestimmten Situationen – etwa wenn der Mann unfruchtbar ist oder wenn der Mann ihr das Recht auf Scheidung "delegiert" hat – und nur mit Bestätigung eines Gerichts scheiden lassen.
Das Leben der Frau ist weniger wert als das Leben des Mannes. Wenn beispielsweise eine Frau und ein Mann zusammen über die Straße laufen, ein unzureichend sicher gebautes Haus passieren und unglücklicherweise ein Ziegelstein dieses Hauses auf sie fällt und sie sich verletzen, ist der Schadensersatz, der dem Mann zugesprochen wird, doppelt so hoch wie der für die Frau. Dies verdeutlicht den Wert des Lebens der Frau. Der Wert der Zeugenaussage von zwei Frauen wird gleichgesetzt mit der Zeugenaussage eines einzigen Mannes. Einem Mann ist es erlaubt vier Frauen gleichzeitig als Ehefrauen zu haben. Ich könnte für Sie viele weitere benachteiligende Gesetze als Beispiele heranziehen.
In einer Zwangsehe gehen über einen langen Zeitraum eine Reihe von Menschen- und Strafrechtsverletzungen (psychische, physische, sexualisierte, soziale und wirtschaftliche Gewalt) vom Partner/der Partnerin, von Familienmitgliedern oder vom Umfeld aus. Menschen werden in einer Zwangsehe unter Umständen jahrzehntelang zu einem nicht einvernehmlichen Sexualleben, zu Schwangerschaft und Geburt, Hausarbeit/Erwerbsarbeit und zu einem Leben gezwungen, in dem die freie Entfaltung der Persönlichkeit stark eingeschränkt ist.
Frauen werden systematisch ausgenutzt, in ihren Rechten eingeschränkt und Opfer von Gewalt. Ehrenmorde, Zwangsehen, die Verstümmelung der weiblichen Geschlechtsorgane (FGM) sowie Frauenhandel sind nur einige Beispiele von Menschenrechtsverletzungen, mit denen Frauen weltweit konfrontiert sind. Das Grundprinzip ”Frauenrechte sind Menschenrechte” scheint demnach nicht so selbstverständlich zu sein wie es vielen zunächst scheint.
Das islamische Strafrecht, die Scharia, sieht drakonische Strafen für gesellschaftliches Fehlverhalten vor. Dazu zählen u. a. Auspeitschung, Hand- und Fußamputation und Steinigung. Eine Reform dieses Werkes ist dringend geboten.
Während nach westlicher Auffassung die Unterdrückung der Frau im Islam vor allen Dingen an Äußerlichkeiten wie der Kleidungsfrage zum Ausdruck kommt, zeigen sich die wirklichen Benachteiligungen an ganz anderer Stelle und zwar im rechtlichen Bereich.
Zwar haben in den letzten Jahrzehnten etliche islamische Länder gesetzliche Veränderungen im Familienrecht vorgenommen, die eine Besserstellung der Frau bewirken. So geht die Tendenz oft zu einer Heraufsetzung des Mindestheiratsalters (anstelle der früher weit verbreiteten Verheiratung der Tochter mit Eintritt der Pubertät) sowie zu der vermehrten staatlichen Registrierung der Eheschließung (anstelle des herkömmlichen, nicht öffentlichen Vertragsschlusses zwischen zwei Familien). Die Tendenz geht auch zu einer Beschränkung der Polygamie durch das Erfordernis einer richterlichen Genehmigung einer Zweitehe (anstelle der zuvor dem Einzelnen überlassenen zweiten oder dritten Eheschließung) und zur Auflage eines Versöhnungsversuches vor der Gewährung der gerichtlichen Scheidung (anstelle des formlosen dreimaligen Aussprechens der Scheidungsformel "Ich verstoße dich" durch den Ehemann).
Die Ehre: Schließlich weisen auch die Familie, Gesellschaft und die nahöstlich-muslimische Kultur der Frau einen nachgeordneten Platz zu, wenn sie anordnen, dass eine Frau Sitte und Anstand zu wahren und sich bevorzugt im Haus aufzuhalten habe, um nicht durch ihren Umgang mit nichtverwandten Männern Anlass zur Unmoral zu geben. Sie hat sich zu verhüllen, und ihr Verhalten wird streng anhand dieser Normen kontrolliert. Zwar sehen Koran und Überlieferung in der Theorie für den Mann wie für die Frau dieselben Strafen für Unzucht bzw. Ehebruch vor. In der Praxis jedoch wird Männern vor und in der Ehe ein weitaus größerer Bewegungsspielraum zugestanden, da nur das Verhalten der Frau die Familie entehrt, nicht das des Mannes. Selbstverständlich fordern islamische Frauenbewegungen seit Jahrzehnten vermehrte Rechte ein. Aber dennoch: Frauenrechtlerinnen sind in aller Regel davon überzeugt, dass der Islam - wenn er nur richtig verstanden und gelebt würde - der Frau volle Rechte gewähre und sie in einer "wahrhaft islamischen" Gesellschaft glücklich und zufrieden leben könne. Daher fordern viele von ihnen lediglich die Rückkehr zum "wahren" Islam, wie ihn Muhammad verkündigt habe.
Die Überlieferung benennt unter den Kapitalverbrechen zudem Homosexualität und Vergewaltigung, allerdings wird das Strafmaß dafür unter muslimischen Theologen kontrovers diskutiert. Einige Juristen fordern in diesen Fällen die Todesstrafe, andere reihen die.
In den Köpfen vieler muslimischer Männer sitzt nämlich ein Frauenbild, dem Gleichberechtigung und Selbstbestimmung fremd sind. Für sie gilt nur eine Formel: Eine ehrbare Frau treibt sich nicht allein auf der Strasse herum und schon gar nicht nachts. Frauen und Mädchen, die in Bars oder Diskotheken unterwegs sind, tanzen und ihren Spass haben, sind leichte Mädchen. Sie zu beleidigen oder anzufassen, ist kein Unrecht, schliesslich wollen sie es doch nicht anders. Solche Frauen dienen dem Vergnügen.
Dieses Frauenbild manifestierte sich in den sexuellen Übergriffen der Kölner Silvesternacht von 2015. In dieser Nacht wurden wir Frauen in unsere Schranken verwiesen, es war unser Waterloo, eine Niederlage im gewonnen geglaubten Kampf für die Frauenrechte. Die Party war vorbei, danach gab es eine Armlänge Abstand und Sicherheitsinseln. Die folgenden Jahre waren eine Evolution der Gewalt: Belästigungen, Vergewaltigungen und Morde.
Geschieht das aber einer Frau in einem islamischen Land, wo die Scharia Teil des Rechtssystems ist, sieht es ganz anders aus. Die Stellung der Frau vor dem islamischen Gesetz zeigt sich im Umgang mit Vergewaltigungsopfern. Eine Frau, die dort einen sexuellen Übergriff meldet, wird oft selber dafür bestraft. Dies geschieht auch in "Hochglanz"-Ländern wie den Vereinigten Arabischen Emiraten. Die Frauen werden selbst in Haft genommen, weil ihnen "vorehelicher Geschlechtsverkehr" vorgeworfen wird. Die Scharia wertet eine Vergewaltigung als ausserehelichen Sex, wenn der mutmassliche Täter nicht geständig ist oder die Frau nicht vier männliche Zeugen benennen kann. Ist die Frau verheiratet, wird sie sogar wegen Ehebruchs verurteilt. In Ländern wie Saudi-Arabien oder Iran droht ihr dann sogar die Steinigung. Ist das nun alles eine Fehlinterpretation des Islam?
Der Koran erlaubt die körperliche Züchtigung der Frau, wenn der Mann ihre «Widerspenstigkeit» fürchtet. Häusliche Gewalt ist in der muslimischen Gesellschaft weit verbreitet, es gibt dafür kaum ein Unrechtsbewusstsein. Frauen, die nicht gehorchen, werden geschlagen, das ist so normal, dass auch ganz offen damit umgegangen wird. Die Morgenshow "Sabahiyat" des marokkanischen öffentlich rechtlichen Senders M2 gab im November 2016 sogar Tipps, wie Frauen ihre «Augenveilchen» und die Hämatome im Gesicht überschminken können.
Auch der sogenannte Ehrenmord ist in vielen Familien ein probates Mittel, um die Ehre zu schützen oder wiederherzustellen, und er ist in weiten Teilen der muslimischen Gesellschaft akzeptiert. Dies spiegelt sich auch im Strafmass vieler arabischer Länder wider. Im Westjordanland zum Beispiel herrschen solch archaische Zustände. Ehrenmorde gehören hier zur beduinischen Stammeskultur und werden von Polizei und Justiz mitgetragen. In § 340 des Strafgesetzbuches steht: "Wer seine Frau oder eine heiratsfähige Frau beim Ehebruch oder Betrug ertappt und sie ermordet, hat Anrecht auf mildere Umstände". Oft kommen die Täter nach wenigen Monaten Haft wieder frei.
In Syrien, im Irak, in Algerien, Kuwait, Libyen und den Emiraten ist laut Human Rights Watch die rechtliche Situation vergleichbar. Der Grund für diesen Missstand ist, dass in den islamischen Gesellschaften die Frau die Trägerin der Familienehre ist. Benimmt sich die Frau oder das Mädchen nicht nach den Vorstellungen der Familie, kann dies gefährliche Konsequenzen für sie haben. In manchen Fällen entlädt sich der Familienzorn auch über männliche Familienmitglieder, wenn ihnen beispielsweise Homosexualität angelastet wird.
Die MeToo-Kampagne hat weltweit hohe Wellen geschlagen. Männer, die sexuelle Übergriffe begangen hatten, wurden zur Verantwortung gezogen. Unzählige prominente Frauen sind an die Öffentlichkeit gegangen und haben damit auch den unbekannten Opfern eine Stimme gegeben. Doch wehe der Frau, die das Opfer des "falschen" Täters geworden ist! Denn hier wird mit zweierlei Mass gemessen. Wenn Frauen von Migranten belästigt werden, dann scheint die öffentliche Moral auf beiden Augen blind zu sein. Die Übergriffe auf Frauen durch Migranten werden oft entweder als Einzelfall dargestellt oder als Folge von Kriegs- und Fluchttraumata relativiert. Mediale Erwähnung finden die Übergriffe meistens nur am Rande.
Habe ich als westlich gekleidete Frau denn kein Recht auf Meinungsfreiheit, Religionsfreiheit, Emanzipation und auf Sicherheit? Was denken diese Männer von uns westlichen Frauen?
Warum fühlen sich nicht wenige westliche Frauen in der Öffentlichkeit nicht mehr so wohl und berichten immer häufiger von sexuellen Belästigungen und Diskriminierungen – warum lassen es die Liberalen zu, dass so ein Mann nur mit einem anderen Mann reden will und sich nicht mit einer Polizistin / Ärztin / Lehrerin etc. abgibt?
Wer nun immer noch sicher ist, dass beim Verhüllungsverbot die Religionsfreiheit und die Freiwilligkeit oberste Priorität haben, bitte ich sich etwas bewusst zu machen: solche Mädchen wachsen in Familien auf, die ein ganz bestimmtes Frauenbild haben. Sie müssen sich damit abfinden und haben keine freie Wahl. Oder eben sie kassieren Schläge, werden zwangsverheiratet und werden gegen ihren Willen sexuell ausgebeutet – auch in der Schweiz. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun? Das war alles rassistisch, dümmlich und nicht differenziert?
Dann bitte noch einmal alles von vorne lesen – ich habe fertig!
Diesen Gastbeitrag verfasste eine Psychotherapeutin, die anonym zu bleiben wünschte. Bei "Jameela Jaipur" handelt es sich folglich um ein Pseudonym.
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