Ah, YouTube, seit 15 Jahren die Adresse für lustige Katzenvideos, tussige Schminktutorials, sexistische Musikclips und verstaubte DIY. Was haben wir da alle schon wertvolle Lebenszeit vernichtet, hm? Aber man kann ja nicht permanent an der Weltformel basteln.
Vorab zum obigen Meme: Mitte der 1970er Jahre erblickte nicht nur yours truly das Licht der Welt (übrigens: Danke, Papa, dass Du mich damals nicht einfach ins nächstbeste Gebüsch gespritzt hast), sondern ab ungefähr dann begannen auch Musikvideos zu spriessen wie die Pickel auf den sie fasziniert betrachtenden Teenagergesichtern.
Dank Fernsehsendern wie MTV - Generation Z so: Fern-was? - nahm die Bedeutung dieser Videos ab den 1980er Jahren immens zu. Der vorherrschende Stil dieser Dekade - grell, schrill, bunt, laut - schlug sich natürlich in den Videoclips nieder und setzt heutige Betrachter einem besser nicht unterschätzten Augenkrebsrisiko aus. Aber es ging auch märchenhaft, schwülstig, pompös, pathetisch, wie die gute alte Bonnie Tyler in ihrem Video "Holding out for a Hero" eindrücklich unter Beweis stellte. Und also hat sich die Welt gewandelt: Was vor gut 35 Jahren noch ein durchaus ernstgemeintes, zeitgenössisches Kunstwerk war, ist heute nur mehr Vorlage für von pickligen Teenagern eilig dahingeschluderten Memes.
Liest man da jetzt verbitterte Nostalgie heraus? Nö, keine Bohne, es ist gut, sind die 1980er vorbei, nur schon der Röhrenbildschirme wegen. Aber hier soll es ohnehin nicht um Musikvideos, Fernsehen oder andere Anachronismen gehen. Dieser Beitrag ist meinen persönlichen YouTube-Helden gewidmet. Ihr dürft mir gerne in die Kommentare reinposten, welche Kanalperlen Ihr so abonniert habt und weshalb.
Der Mensch hinter AcousticTrench will nicht berühmt sein und bleibt deshalb anonym, schon alleine das macht ihn sympathisch. Er spielt Saiteninstrumente, vorwiegend die Gitarre, immer im Bild die süsse Wuffi "Maple". Videos von AcousticTrench sind wie eine warme Wolldecke und eine schöne Tasse Tee.
"Hello, everyone! This is YOUR Daily Dose Of Internet!" - Jason lädt alle paar Tage kurze Videos mit einem bunten Allerlei hoch. Üblicherweise geht es um eindrückliche Kunst, knuffige Tiere und spezielle Orte. Dank Jason muss man das Internet nicht selbst durchforsten und startet lächelnd in den Tag.
Mit Klemmbausteinen habe ich seit der Kindheit nichts mehr am Hut. Wieso sehe ich mir gelegentlich trotzdem Videos von Thomas Panke an? Weil seine ungezähmte Begeisterung ansteckender ist als SARS-CoV-2 und seine verbalen Breitseiten gegen den LEGO-Konzern nachgerade Kultstatus haben.
Der Kanal von Joe Scott gibt mit einer schönen Portion Humor wissenschaftlich fundierte Antworten auf Fragen der User. Häufig werden (astro-) physikalische Themen behandelt, aber Joe spart auch "big picture stuff" bezüglich Ökonomie, Biologie, Psychologie und vielen weiteren Bereichen nicht aus.
John Oliver ist Moderator, Komiker und Schauspieler. Seit 2014 moderiert er auf HBO die Show "Last Week Tonight" und kennt darin kein Pardon und keine Tabus. Gnadenlos und mit vielen "fuck" und "shit" gewürzt, gleichwohl sachlich korrekt, werden gesellschaftliche Probleme seziert und angeprangert.
Auf Melodysheep präsentiert der Filmemacher und Komponist John Boswell seine beeindruckenden und faszinierenden Werke. Bis heute mein Favorit ist die wunderbare Dokumentation "Timelapse of the Future", eine Reise von 2019 bis ans Ende aller Zeit, u.a. kommentiert vom grossartigen Brian Cox.
Die Psyche von Michael Reeves ist mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht so ganz intakt, was es beizeiten etwas unangenehm macht, diesem völlig überdrehten Nerd bei der Realisierung absurder Projekte wie einem bei jeder Kollision fluchenden Staubsaugerroboter zuzusehen. Genau dafür liebe ich das Internet.
Steven Thomas befasst sich mit der beschaulichen Öffnung und differenzierten Degustation von teilweise uralten Militärrationen. Selbst wenn man sich, wie meine Wenigkeit, weder für Militarismus noch für Notrationen interessiert, so findet man in diesen Videos gleichwohl eine meditative Erfahrung.
Der brasilianische Pianist Fabricio Andre Bernard di Paolo aka "Lord Vinheteiro" trägt für gewöhnlich Frack und blickt ausdruckslos in die Kamera, während er für seine über sechs Millionen Abonnenten Klavier oder andere Instrumente bespielt. Irgendwie merkwürdig, trotzdem irgendwie gross.
Du bist Scheisse im Kochen - danke. Hier werden Rezeptideen und Kochanleitungen mal etwas anders dargereicht, will meinen: Annemarie Wildeisen wäre bis ins Mark entrüstet. Der Kanalbetreiber gibt sich beim Kochen nicht besonders viel Mühe, verziert seine Videos aber mit Musik und skurrilem Humor.
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